Eine problematische Beziehung

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Diabetes und Depression können sich gegenseitig verstärken

Wer an Diabetes erkrankt ist, leidet auch häufiger an Depressionen. Andererseits begünstigen Depressionen die Entstehung von Diabetes. In den vergangenen Jahren hat die Wissenschaft verstärkt Belege für diese fatale Wechselwirkung gefunden. So sind Menschen mit Diabetes etwa doppelt so häufig von Depressionen betroffen als Menschen ohne Diabetes. Rund 10 Prozent der Diabetiker sind von einer ausgewachsenen Depression betroffen, etwa 25 Prozent leiden unter depressiven Verstimmungen. Frauen mit Diabetes trifft es dabei häufiger als Männer. Keine Unterschiede in der Häufigkeit gibt es dagegen zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetikern. 

In einer Studie wurde die Sterblichkeitsrate von Diabetes-Patienten untersucht. Ergebnis: Bei Patienten, die zusätzlich unter einer schwerwiegenden depressiven Störung litten, war die Sterblichkeit im Beobachtungszeitraum von drei Jahren um das 2,3-fache erhöht. Selbst bei weniger schweren Depressionen ergab sich noch eine 1,7-fach höhere Sterblichkeit. 

Eine Ursache für depressive Verstimmungen unter Diabetikern ist recht naheliegend. Wer die Diagnose „Diabetes“ erhält, muss sich auf starke Einschränkungen bei seiner Lebensführung einstellen. Diabetes bedeutet für die Betroffenen, ein Leben lang Insulin zu spritzen und zu messen, Medikamente einzunehmen und auf die Ernährung zu achten. Das erfordert strikte tägliche Planung und Kontrolle. Hinzu kommt die Furcht vor Unterzuckerung und möglichen Langzeitfolgen wie Amputationen, Sehstörungen, Nierenschädigungen, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Sexualstörungen. 

Beängstigende Diagnose „Diabetes“

Die Mehrzahl der Betroffenen meistert ihren Alltag dennoch erfolgreich und ist dabei genauso leistungsfähig wie Nicht-Diabetiker. Doch einige empfinden die Diagnose und die damit einhergehenden Einschränkungen als so niederschmetternd und beängstigend, dass sie Depressionen entwickeln.

Neben der Psychologie spielt aber auch die Biochemie eine Rolle bei der Entstehung von Depressionen unter Diabetes-Patienten: Bei Diabetikern finden sich im Blut häufig auch erhöhte Mengen an sogenannten Zytokinen. Das sind entzündungsfördernde Botenstoffe, die oft dann entstehen, wenn ein Mensch viel Bauchfett angesetzt hat und sich wenig bewegt. Eine erhöhte Zytokin-Produktion kann wiederum die Entstehung von Depressionen fördern. Ein weiterer biochemischer Faktor, der speziell Männer mit Typ-2-Diabetes betrifft, ist der Testosteronmangel. Rund 50 Prozent der erkrankten Männer haben einen zu niedrigen Testosteronspiegel, was ebenfalls als depressionsfördernd gilt.

Diabetes kann also zu Depressionen führen. Doch andersherum kann eine Depression auch die Entstehung von Diabetes begünstigen, wie die medizinische Forschung in den letzten Jahren herausgefunden hat. Vermutet wird hier ein Zusammenhang mit der allgemeinen Antriebslosigkeit, die üblicherweise ein Symptom bei depressiven Menschen ist. Es fehlt ihnen damit auch der Antrieb, sich gesund zu ernähren oder Sport zu machen. Ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel sind aber die Hauptursachen für Diabetes. 

An dieser Stelle kommt der Teufelskreis so richtig in Gang: Wer bereits eine Depression hat, wenn er an Diabetes erkrankt, ist aufgrund seiner Antriebslosigkeit erst recht kaum in der Lage, eine fordernde Diabetestherapie zu bewältigen. 

Doch auch die Biochemie spielt hier wieder eine Rolle. Depressionen rufen hormonelle Veränderungen im Körper hervor. Im Blutkreislauf von depressiven Menschen finden sich oft überhöhte Cortisol-Konzentrationen. Das Hormon Cortisol wird in Stresssituationen verstärkt ausgeschüttet und verbessert das Reaktionsvermögen. Cortisol ist aber auch der Gegenspieler des blutzuckersenkenden Hormons Insulin. Je mehr Cortisol in der Blutbahn zirkuliert, desto schlechter die Wirkung von Insulin und infolgedessen desto höher das Diabetes-Risiko. 

Psychodiabetologie soll Abhilfe schaffen

Die Medizin hat aber mittlerweile erkannt, dass im Hinblick auf die unheilvolle Wechselwirkung von Diabetes und Depression Handlungsbedarf besteht. In den letzten Jahren wurde das Fachgebiet der Psychodiabetologie etabliert. Psychotherapeuten können sich in diesem Fach weiterbilden, um insbesondere Menschen mit Diabetes zu behandeln. Ziel ist es, Diabetiker bei der Krankheitsakzeptanz und -bewältigung, bei allen Aspekten der Verhaltensänderung (z. B. Motivation, Einhaltung der Selbstkontrolle, bei Gewichtsabnahme oder dem Umgang mit Folgeerkrankungen) sowie dem Selbstmanagement der Erkrankung zu unterstützen.

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